Alfons: 04 – Von (Woll-)Mäusen und Männern

Montag, 6:irgendwas, ich trunken von konfusem Schlaf voller seltsamer Vorahnung im Badezimmer. Neben dem Spiegel, an dem ich morgens meine Zähne zu polieren pflege, steht so ein schwedischer Kleiderständer. Der wäre eigentlich bereits vor Wochen ausgemustert worden und nun hatte er doch in diesem Raum so etwas wie einen Gnadenhof gefunden. Daran hing heute morgen ein frisch gewaschenes Handtuch und daran … nun ja. Um einen sanften Einstieg auf der Phobieskala zu gewährleisten: Es war definitiv nicht Alfons. Also aus dem Augenwinkel sehe ich ein haariges Grauen, Eis bildet sich in meinen Adern und die Panik boxt sich wie Karate Kid ihren Weg durch das Cobra Kai Dojo meiner Eingeweide. 

Das Ding war definitiv nicht mehr in einer Größe, in der ich zu Verhandlungen bereit war. Zu Friedensverträgen, die eine mögliche Koexistenz im Badezimmer ermöglicht hätten, wie mit Alfons. Nein. Ich war nun die Geisel und es ging um Leben und Tod. John Achtbein-Wayne war in meinem Badezimmer und mir war klar: In dieser Stadt war nicht mehr genug Platz für uns beide. 

Also fing ich möglichst langsam an, die Zahnbürste wieder an ihren Platz zu stellen, mich seitlich zur Fluchttür zu robben, um danach irgendwie kontrolliert aus dem Fenster im Flur zu springen. Auf dem Weg zur Fluchtkapsel aus dem Alien-Schiff fiel mein Blick auf etwas anderes und erst wurde mir heiß, dann wieder kalt, dann wieder heiß und mein Inneres verwandelte sich zur Cannelloni der Furcht – Alfons. Puh – dachte ich mir – immerhin ein bekanntes Gesicht. Er guckte mich an, irgendetwas treudoofes in seinem Geschau. Und alleine der Gedanke beruhigte mich auf seltsame Art. 

»Was ist denn mit dir los?«, wollte er wissen.

Ich war unfähig zu sprechen und versuchte ihm nur mit den Augen zu verstehen zu geben, dass da was am Handtuch war. Alfons kapierte es nicht. 

»Da hängt was am Handtuch«, flüsterte ich zitternd.

»Der Fussel da?«

Alfons hob eines seiner Vorderbeine und zeigte in die Richtung der Alien-Queen. 

Fussel – was für ein doofer Name. 

Aber Alfons ließ nicht locker und deutete jetzt schon mit zwei Vorderbeinen in die Richtung. Also überwand ich meine Furcht und warf einen Blick in die Richtung. Und Mitphobiker kennen das vermutlich: Aus dem Augenwinkel siehst du immer Tarantula, so ein Endboss-Dings. Dann kuckt man doch genauer hin und es dauert ein wenig, bis die Realität die Phantasie bezwungen hat. Und dann die Erleichterung: Es ist tatsächlich nur ein Fussel. So Stoffreste aus der Waschmaschine halt. Die Farben um mich herum nehmen wieder freundlichere Töne an, Vögel singen fröhlich vor dem Fenster und irgendwo lacht ein Katzenbaby. Jaja, so eine Phobie ist schon was Feines. Ich schenkte Alfons ein schiefes Lächeln und lud ihn auf eine Schale Rosinen und Tante-Erna-Kaffee ein. Letzteres musste er mir natürlich wieder unter die Nase reiben.