
Einige Wochen sind ins Land gegangen, während Alfons und ich uns allmählich im Rahmen unseres interspezifistischen Phobieaustausches aneinander gewöhnten. Heute waren wir gemeinsam im Park, ich am Arbeiten, er tollte durchs Gras. Besonderen Spaß hatte er dabei, mir immer wieder über die Tastatur zu rennen, quasi Super Mario in Bowsers Schloss.
Ja, Freunde. So weit sind wir in unserer Therapie.
Zu viel wurde es mir allerdings, als er anfing, »Joggerinnen« hinterher zu pfeifen, wie er es auf mein Nachfragen hin nannte. Der Park war jedoch nahezu menschenleer. Ich arbeitete irritiert weiter, als es mir mittendrin kam, wen, bzw. was er da meinte. Diese Joggerinnen hatten ein paar Beine mehr und tollten anscheinend auch irgendwo durchs Gras. Die Bank, auf der ich saß, wurde allmählich eine Art Rettungsinsel für mich. Wie Leo in Titanic klammerte ich mich gedanklich an das rettende Stück Holz und versuchte mich ganz und gar auf meine Arbeit zu konzentrieren.
Irgendwann wurde es still.
Da wusste ich, entweder wäre Alfons eventuell bald ein wenig kopflos oder wir könnten demnächst nach Hause gehen.
Aber stattdessen schleppte er sich kurz darauf zu mir, setzte sich auf den Laptop und sah mich ein wenig arg zerknittert an. Der Gute war nicht ganz mit den urbanen Gepflogenheiten der ansässigen Ameisen vertraut und bei all der Brautschau war er in einen Streik der örtlichen Ameisengewerkschaft geraten. Aufgeheizt durch die aktuelle Situation dort war er von ein paar Halbstarken ein wenig vermöbelt worden. Offenbar waren Alfons sechsbeinige Kollegen mit der Ruhestandsregelung ihrer Königin nicht ganz einverstanden. Während mein vieläugiger Kumpel mir sein Leid klagte, konnte ich nicht anders und musste da ein paar Sachen mit dem Smartphone nachschlagen. Dabei fiel mir direkt auf, dass Ameisen mit meiner Phobie gar nichts machen.
»Ob zwei Beine weniger was damit zu tun haben?«, wollte ich von Alfons wissen.
»Hä?«, war seine eloquente Antwort.
»Wow, Ameisenköniginnen können weit über 20 Jahre alt werden …«, murmelte ich, wohl etwas abwesend.
»Hallo? Hörst du mir überhaupt zu?«
»Krass. Die Männchen sterben da auch nach der Paarung. Haha, das ist ja wie bei dir!«
Alfons schmollte, deutlich erkennbar an seinem nicht vorhandenen Schmollmund.
»Dann kann ich den Streik verstehen. Und? Bist du der Gewerkschaft beigetreten?«, wollte ich von ihm wissen.
Er starrte mich nur einen Moment lang an und verkroch sich dann kommentarlos unter der Leertaste.
DamithattesichmeineArbeitfürheuteaucherübrigt.